Freitag, 12. Mai 2006

noch mehr gespräche über das ende

heute, wieder mal auf dem weg zum zahnarzt, wurde ich ungewollt ohrenzeugin eines gesprächs zwischen einem alten mann im rollstuhl und dem zivi, der den alten mann – ich nenne ihn mal liebevoll-unkritisch „opa“ – im rollstuhl richtung ärztehaus schob:

OPA: war schon eine schwere zeit, so allein im krankenhaus.
ZIVI: ja, das kann ich mir vorstellen.
OPA: die schwestern waren aber sehr nett.
ZIVI: ja.
OPA: aber…
ZIVI: ja?
OPA: ich versteh gar nicht…
ZIVI: wir sind gleich da.
OPA: warum meine tochter nicht gekommen ist…
ZIVI: sie ist nicht gekommen?
OPA: sie wollte mich doch besuchen.
ZIVI: vielleicht hat sie es nicht geschafft. vielleicht war der weg zu weit.
OPA: sie arbeitet doch im krankenhaus.
ZIVI: sie arbeitet im krankenhaus?
OPA: ja.
ZIVI: im selben krankenhaus?
OPA: ja. oben in der verwaltung.
ZIVI: (verlegen) so, jetzt sind wir da.
OPA: zwei wochen lang. kein einziger besuch…

so etwas regt die phantasie an. ist die tochter kalt und unbarmherzig, grausam zu ihrem vater? oder war der vater grausam zur tochter und wird deswegen von ihr ignoriert? oder kann sie den anblick ihres vaters im rollstuhl nicht ertragen? möglicherweise kann sie überhaupt keine kranken menschen sehen und hat deswegen ihren krankenschwester-job an den nagel gehängt und ist in die verwaltung gegangen, weit weg von allen schlimmen gerüchen und jeder art des siechtums?
und: wenn ich alt und krank bin, wer pflegt mich dann? wer erbarmt sich meiner? muss mich auch ein zivi im rollstuhl herumfahren? oder wird mein kind dies tun? werden mich meine kinder im krankenhaus besuchen? kann ich es von ihnen überhaupt verlangen?

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Lilypie Fünfter Ticker